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Marken Blog: Der bösgläubige Markenanmelder

Man fühlt die Absicht und ist verstimmt (J.W.v. Goethe)

Wann ist eine Markenanmeldung bösgläubig?

Kurz gesagt, wenn sich der Markenanmelder unredlich oder sittenwidrig verhält. Unredlich, sittenwidrig -  Was ist das? Die Bösgläubigkeit kann man vielleicht anhand konkreter Fälle am besten erklären:

Fall 1:

Die 1969 gegründete Band „Earth Wind & Fire“ feierte ab dem Jahr 1975 große, auch weltweite Erfolge, gewann Grammys und erhielt Gold- sowie Platinalben. Die Musikgruppe wurde international und auch in Österreich berühmt. Die Band war mit ihren Liedern ab 1977 in den österreichischen Charts vertreten.

Eine Musikagentur, die mit einem ehemaligen Rhythmusgitarristen der Band (von 1973 bis 1981)  zusammengearbeitet und Auftritte unter der Bezeichnung „The Earth Wind & Fire Experience featuring The Al McKay Allstars“ in den Jahren 2004 bis 2007 an verschiedenen Orten Österreichs organisiert hatte, meldete das Zeichen THE EARTH WIND & FIRE EXPERIENCE FEATURING THE AL MCKAY ALL STARS als Marke für Waren der Kl. 9 (ua.Tonträger); 16 (Druckereierzeugnisse), 25 (Bekleidungsstücke) und 41 (Unterhaltung) an.

Der Gründer der Band und Rechteinhaber verschiedener ausländischer Marken beantragte die Nichtigerklärung dieser Marke.

Die Nichtigkeitsabteilung (bestätigt durch das Oberlandesgericht Wien) verfügte, da sich die Agentur, die ein ehemaliges Bandmitglied vertritt, wissentlich in das Kielwasser der Originalband begeben hat und sich aus der internationalen Bekanntheit der Gruppe ein Vorteil verschafft hat, die Löschung der Marke.

Nachzulesen unter www.ris.bka.gv.at

Fall 2:

Der Pächter eines Traditionskaffeehauses in Wien meldete kurz vor Ablauf seines Pachtvertrags die Marke für einschlägige Waren und Dienstleistungen (zB Verpflegung von Gästen) an.

Hier wurde festgestellt, dass Loyalitätspflichten auf Grund des (zum Zeitpunkt des Verfahrens) beendeten Pachtverhältnisses bestanden. Das Unternehmen, das ein sehr bekanntes Traditionskaffeehaus in Wien ist, wird mit dem Namen des Jugendstilkünstlers Adolf Loos als Schöpfer von Innenausstattung und Mobiliar in Verbindung gebracht. Die bekämpfte Marke ist in offensichtlicher Anlehnung an Grafikelemente des Jugendstils (Schriftbild, rechteckiger Rahmen) gestaltet worden und für Waren und Dienstleistungen geschützt, die auch das Unternehmen der Antragsteller anbietet. Aufgrund der zum Anmeldezeitpunkt bestehenden Loyalitätspflichten war eine Anmeldung der Bezeichnung des Kaffeehauses bösgläubig.

Nachzulesen unter www.ris.bka.gv.at

Fall 3:

Der leitende Geschäftsführer eines Vereins, der die Ausbildungen zum Goldschmied anbot, meldete 2011 das vom Verein verwendete Zeichen als Marke für einschlägige Waren (Edelmetalle, Schmuckwaren etc.) und Dienstleistungen (zB Erziehung und Unterricht; Veranstaltung von Seminaren und Workshops) für sich persönlich an.

2011 gründete er Firma „Wiener Goldschmiede Akademie GmbH“. Ende September 2012 kündigte er sein Arbeitsverhältnis mit dem Verein und bot im Rahmen der GmbH selbst Kurse und Workshops für zukünftige Goldschmiede an. Da der Verein beantragte die Nichtigerklärung der Markenregistrierung.

Da insbesondere ein leitender Arbeitnehmer Treuepflichten gegenüber seinen Arbeitgeber hat und er durch die Markenregistrierung seinen früheren Arbeitgeber an der Verwendung des Zeichens hinderte, wurde die Marke wegen Bösgläubigkeit gelöscht.

Nachzulesen unter www.ris.bka.gv.at

Fall 4:

Eine Firma bzw. ihr Geschäftsführer persönlich meldeten in den Jahren 2006 bis 2010 insgesamt 1.762 Marken auf den Namen des Geschäftsführers an, während die Firma bis 2010  685 Marken angemeldet hat. Die Firma war im Jahr 2011 Inhaberin von acht registrierten Marken.

Eine davon war das Zeichen „RUSH“ . Gestützt auf diese Marke führte die Markeninhaberin ein Widerspruchsverfahren gegen eine Firma, die ihr Zeichen „ROUSH“ als Gemeinschaftsmarke schützen wollte. Zwischen den Parteien wurde über eine Koexistenzvereinbarung und eine Zahlung für den Fall der Zurückziehung des Widerspruchs gegen die Gemeinschaftsmarke verhandelt.

Nach Scheitern der Verhandlungen wurde ein Antrag auf Löschung der Marke „RUSH“ eingebracht. Im Verfahren wurde festgestellt, dass es bei der Anmeldung dieser Marke nicht um deren Hauptfunktion als Herkunftshinweis ging, sondern dass das Interesse offenkundig darauf gerichtet war, aus dem mit einer Marke verbundenen Ausschließlichkeitsrecht finanzielle Vorteile zu ziehen. Es gab keine Beweise, dass die angegriffene „Vorratsmarke“ überhaupt im Rahmen einer ernsthaften Planung auf dem Markt angeboten wurde. Viel eher war daher bei der gebotenen vernetzten Gesamtwürdigung vom Vorliegen einer reinen Spekulationsmarke auszugehen. All diese objektiven Umstände in ihrer Gesamtheit indizierten das subjektive Tatbestandsmerkmal der Bösgläubigkeit, weshalb die Löschung der angegriffenen und bösgläubig angemeldeten Marke auszusprechen war.

Nachzulesen unter www.ris.bka.gv.at

Grundsätzlich sollte ein Markeninhaber seine Beweggründe für die Anmeldung einer Marke immer überdenken. Bei Zweifel und insbesondere bei Bestehen von Loyalitätspflichten, wie im Fall „Cafe Museum“, sollten Anmelder/innen eine Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen. Von dem Vorhaben andere Wettbewerbsteilnehmer sittenwidrig zu behindern kann man nur abraten.

Mag. jur. Daniela Mutz ist Vorsitzende der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes. Sie bloggt über die Judikatur des OLG, OGH und EUGH und hilft damit das dahinterstehende Recht besser zu begreifen.

 

Update 31. August 2021

05.03.2018
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