Was gibt es zu feiern? 125 Jahre Aktenlauf? 125 Jahre stempeln? Ja, auch, aber eigentlich viel mehr als das. 125 Jahre offen für Neues! So lange ist das Österreichische Patentamt Anlaufstelle für Menschen mit Ideen. Seien es Patente, Marken oder Muster - wir unterstützen Menschen dabei ihr geistiges Eigentum vor Nachahmer:innen zu schützen. Konkret feiern wir rund 750.000 angemeldete Patente und rund 500.000 registrierte Marken seit 1899, dank derer Österreich in europäischen und weltweiten Rankings regelmäßig Topplatzierungen erreicht.
Stolz, aber auch kritisch blicken wir auf 125 Jahre zurück, in denen unsere Kundinnen und Kunden mit ihren Innovationen die Welt zu einem besseren Ort gemacht haben.
Anstatt einfach eine Festschrift herauszugeben, haben wir uns entschlossen die bewegte Geschichte des Patentamtes auf eine neue Weise zu beleuchten. Maria Wirth und Alexander Pinwinkler vom Verein zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Zeitgeschichte am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien beschäftigten sich mit der Entwicklung des Patentamtes von der Kaiserzeit bis in die Gegenwart und besuchten zahlreiche Zeitzeuginnen und Zeitzeugen. Erstmals wird auch die dunkleste Epoche des Amtes lückenlos aufgearbeitet – der Nationalsozialismus und ihre Auswirkungen.
Das Buch „Behörde. Wissensspeicher. Serviceeinrichtung. Das Österreichische Patentamt 1899-2024“ ist im StudienVerlag erschienen und im Fachhandel erhältlich ( ISBN 978-3-7065-6423-6). Finanziert wurde es vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, dem Österreichischen Patentamt und dem Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds.
Erstaunliche Erfindungen aus den Jahren 1852-1899, wie etwa das Faltrad aus 1896 vom Erfinder und Fahrradfabrikanten Johann Puch birgt unsere Privilegien-Sammlung. Privilegien wurden damals vom Kaiser verliehen und waren, genauso wie heute Patente, eine Art Monopol zur Nutzung von Erfindungen. Der einmalige historische Bestand unserer Bibliothek umfasst etwa 95.000 Dokumente - zum Teil handgeschrieben mit wunderschönen kolorierten Zeichnungen. Auch online abrufbar unter privilegien.patentamt.at.
Am 2. Jänner 1899 berichtet die „Neue Freie Presse" von der Gründung des k.u.k. Patentamtes in der Siebensterngasse 14 im 7. Wiener Bezirk. Die Eröffnung verläuft „ohne jede Feierlichkeit“ und die Begrüßung des neuen Personals durch den zuständigen Handelsminister Freiherr von Dipauli musste verschoben werden, da sich der Herr Minister „von seinem Influenza-Anfalle noch nicht vollkommen erholt hat“.
1908 tritt Österreich der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums und dem Madrider Abkommen betreffend die Registrierung von Marken bei. In diesem Jahr werden auch die beiden Marken „Fritze Lack“ und „Sidol“ angemeldet, sie sind bis heute als aufrechte Wortbildmarken registriert.
Ein „Wind of Change" fegt durch Österreich und hinterlässt seine Spuren auch in den Wiener Amtsstuben. So wird auf den Patenturkunden der Ersten Republik der Doppeladler von einer Abbildung des Parlaments abgelöst.
Und: 1926 übersiedelt das Patentamt in das Regierungsgebäude am Stubenring 1, wo auch die stets wachsende Fachbibliothek ausreichend Platz findet.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Jahr 1938 wird das Österreichische Patentamt zur Zweigstelle des deutschen Reichspatentamtes. Bereits wenige Tage später wird der amtierende Präsident, Johann Werner, durch einen NS-Parteigänger ersetzt. Neun Beamte verlieren umgehend ihren Arbeitsplatz. Drei Mitarbeiter, namentlich Stefan Jellinek, Paul Karplus und Heinrich Lichtblau werden in Folge der Shoah ermordet.
Um sie vor Bombenangriffen zu schützen, wird die Bibliothek des Patentamtes im Jahr 1944 in einen Weinkeller nach Retz in Niederösterreich ausgelagert. Dort sind die Bücher zwar vor dem Kriegsgeschehen sicher, nicht aber vor Feuchtigkeit: Ein großer Teil des Buchbestandes fällt dem Schimmel zum Opfer.
Nach dem 2. Weltkrieg bezieht das Patentamt ein historisches Gebäude am Wiener Kohlmarkt. Weite Teile der Belegschaft sind als Nazis belastet, sodass von acht Jurist:innen nur einer und von 70 Techniker:innen nur 22 in die wiedererrichtete Institution übernommen werden können. Ab 13. August 1945 nimmt das Österreichische Patentamt wieder Anmeldungen entgegen.
Die Patentanmeldungen steigen in den 1950er Jahren fast auf das Doppelte und bringen wichtige Innovationen wie das Linz-Donawitz-Verfahren der VOEST oder die Anti-Baby-Pille des Wiener Chemikers Carl Djerassi. Erstere revolutioniert das Stahlverfahren, zweitere das Sexualleben - weltweit.
Die Verwaltung setzt auf Bewährtes wie die PAZ Maschine im Bild, mit der auch umfangreiche Patentanmeldungen durch Stanzung mit einer Patentamtszahl gekennzeichnet werden.
Hippiebewegung & Woodstock ziehen fast unmerklich am Patentamt vorbei, die nationalen Patentanmeldungen hingegen erreichen 1968 ein Rekordhoch von 12.732. Aufgrund des Platzmangels wird großzügig umgebaut und erweitert. Neue Räume werden in der Habsburgergasse angemietet und im Kaiserhaus stehen die barocken Privaträume von Franz Stephan von Lothringen, Gemahl von Kaiserin Maria Theresia, für Veranstaltungen zur Verfügung.
In München steigt 1977 der Preis für eine Maß Bier am Oktoberfest auf DM 4,25 - nur drei Kilometer von der Festwiese entfernt eröffnet das Europäische Patentamt seine Pforten. Schon bald wird auch Österreich das Europäische Patentübereinkommen ratifizieren.
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Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Österreichischen Patentamtes werden 1999 alle Mitarbeiter:innen zum Festakt eingeladen. Parallel dazu erscheint eine Sondermarke der Österreichischen Post. Auch Bundespräsident Thomas Klestil feiert mit.
Im selben Jahr führt eine umfassende Markenrechtsnovelle zu einer Harmonisierung mit dem europäischen und internationalen Markenschutzsystem. In den 1990ern finden auch zahlreiche Ausstellungen im Österreichischen Patentamt statt.
Das Patentamt übersiedelt vom Kohlmarkt in die Dresdner Straße in Wien-Brigittenau. Die Tageszeitung „Der Standard" titelt: „Patentamt zieht an die Peripherie“. Der neue Standort bietet zwar weniger k.u.k.-Flair, dafür aber eine moderne Ausstattung sowie geringere Mietkosten.
2018 wird die IP Academy des Patentamtes gegründet. Ab sofort können sowohl Profis als auch Einsteiger:innen alles rund um Patente, Marken und Designs lernen. Da Programm der Workshops reicht von den Basics bis hin zu speziellen Themen, wie etwa „Kann ich meine Software patentieren?" oder „Gibt es ein Patent auf Leben?".
Der Austausch mit anderen Patentämtern und internationalen Institutionen ist seit vielen Jahrzehnten fixer Bestandteil unserer Arbeit.
Ein bedeutender Meilenstein nach jahrzehntelangen Verhandlungen war die Einführung des Einheitspatents am 1. Juni 2023. Seit September 2024 nehmen 18 europäische Länder daran teil. Patentanmelder:innen ersparen sich dadurch viel Papier, Zeit und Geld. So wird nur eine einzige Gebühr für alle teilnehmenden Staaten verrechnet – und nicht wie bisher pro Land.
Ein bunter Haufen, lustig, gescheit und jede und jeder ein Profi im jeweiligen Fachgebiet. Was und antreibt: Wir lieben Innovationen und bewundern Menschen, die neues versuchen, einzigartige technische Lösungen finden und Marken und Designs kreieren.
Unser Ziel ist dabei stets, beste Arbeit für unsere Kundinnen, Kunden und der Öffentlichkeit zu leisten - und damit die Welt von morgen zu gestalten. Unter dem Motto: INNOVATE. DON'T IMITATE.