Was ist das Einheitspatent eigentlich?
Wann wird es das Einheitspatent geben?
Wo wird das Einheitspatent gelten?
Was ist der Unterschied zum bisherigen europäischen Patent?
Kann ich zugleich ein nationales und ein Einheitspatent anmelden?
Was kostet das Einheitspatent?
In welcher Sprache wird das Einheitspatent erteilt?
In welche Sprache muss ich das Einheitspatent übersetzen?
Wo hat der Gerichtshof seinen Sitz?
Wie funktioniert die Gerichtsbarkeit?
Falls ich klagen muss, wo mache ich das?
Ist das Patentgericht auch in Nicht-EU-Ländern zuständig?
Kann ich die Zuständigkeit des Patentgerichtes ablehnen, und wenn ja, wie?
Das Einheitspatent ist ein „europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung“, d.h. ein vom Europäischen Patentamt erteiltes europäisches Patent, dem nach der Erteilung auf Antrag des Patentinhabers einheitliche Wirkung für das Hoheitsgebiet der teilnehmenden Mitgliedstaaten verliehen wird.
Die administrative Vorbereitungsphase, zur Errichtung des Gerichts beginnt schon und wird bereits Anfang 2022 voll angelaufen sein.
Die Inkraftsetzung des Systems kann danach im zweiten Halbjahr 2022 erfolgen.
Zu Beginn werden es nach heutigem Stand 17 Mitgliedsstaaten sein, da einige noch den Vertrag zum einheitlichen Patentgerich (UPC) ratifizieren müssen: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Slowenien. Am Ende können es bis zu 24 Mitgliedsstaaten werden.
Das Verfahren vor der Erteilung des Einheitspatents ist genau dasselbe wie bei europäischen Patenten. Das bedeutet, dass die Anmelder/innen beim Europäischen Patentamt eine europäische Patentanmeldung einreichen und die Erteilung eines europäischen Patents für einzelne oder alle Vertragsstaaten beantragen. Sobald das Europäische Patent erteilt wurde, können die Anmelder:innen die einheitliche Wirkung beantragen: aus einem gewöhnlichen europäischen Patent wird ein Einheitspatent. Im Gegensatz zu Europäischen Patenten, die in einzelnen Ländern gelten, fallen fast keine Übersetzungskosten und Gebühren an.
Einheitlicher Schutz, was ist das?
Ein Einheitspatent hat einheitlichen Charakter, d.h. es bietet einheitlichen Schutz und hat gleiche Wirkung in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten. Es kann nur im Hinblick auf alle teilnehmenden Mitgliedstaaten beschränkt, übertragen oder für nichtig erklärt werden oder erlöschen. Ein Caveat: es wirkt nur in jenen Mitgliedsstaaten, die zum Zeitpunkt der Erteilung Teilnehmer des Systems Einheitspatent/Einheitspatentgericht sind.
Ja, so ein Doppelschutz ist in Österreich möglich.
Beispiel: Ein österreichisches Unternehmen meldet in Österreich national an und bekommt binnen 6 Monaten einen Vorbescheid und damit eine Information über die grundsätzliche Patentierbarkeit der Erfindung. Hinsichtlich der Qualität der Unterlagen hat das Unternehmen nun eine gewisse Sicherheit und kann damit ein Einheitspatent beantragen. „Doppelter“ Patentschutz bedeutet zusätzliche Stabilität. Denn: Mit dem Einheitspatent unterliegt man der Gerichtsbarkeit des einheitlichen Patentgerichtshofes und mit dem österreichischen Patent der nationalen Gerichtsbarkeit. Wenn z. B. das Einheitspatent fällt, bleibt das nationale Patent davon unberührt.
Ja, in einer PCT-Anmeldung kann auch ein europäisches Patent benannt werden. Und nach der Registrierung durch das Europäische Patentamt kann man ein Patent mit einer einheitlichen Wirkung beantragen.
Bis zur Patenterteilung bleiben die Kosten gleich – wie beim Europäischen Patentamt. Das Anmeldeverfahren beim Europäischen Patentamt kostet weiterhin durchschnittlich € 5.620,-. Eine Kostenersparnis ergibt sich erst nach dem Anmeldeverfahren, da teure Übersetzungen wegfallen und die Höhe der Jahresgebühren moderat ist. Die Jahresgebühren orientieren sich an jenen vier Staaten mit dem größten Patentaufkommen. Kurz: Sie bezahlen für vier Länder, bekommen aber den Schutz für bis zu 24 Staaten!
Das Einheitspatent kann ebenso wie das klassische europäische Patent in Deutsch, Englisch oder Französisch angemeldet werden. Die Patentansprüche werden vom Europäischen Patentamt in diese drei Sprachen übersetzt.
Während einer Übergangsfrist - von sieben Jahren - müssen alle Einheitspatente auf Englisch sowie in einer weiteren Amtssprache der EU vorliegen. Nach dieser Frist wird im Regelfall keine Übersetzung seitens der Patentanmelder:innen erforderlich sein.
Das Einheitspatent braucht seinen eigenen Gerichtshof, dessen Entscheidung in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten gelten. Das Gericht ist für das Einheitspatent und die „klassischen“ europäischen Patente zuständig. Die Möglichkeit eines opt-outs wird es nur für „klassische“ europäische Patente geben. Für das neue Einheitspatent gilt die einheitliche Gerichtsbarkeit. Dieses Gericht entscheidet im Wesentlichen über Nichtigkeitsanträge (mit gleichzeitiger Wirkung in allen teilnehmenden Staaten), Verletzungsverfahren und Feststellungsanträge. Beachte: Die Entscheidungen des Gerichts wirken einheitlich. D.h.: Es gilt das Prinzip „überall oder nirgends“. Fällt in einem Land der Schutz weg, ist er überall weg. Übrigens: Das einheitliche Patentgericht ist formal keine EU-Institution, sondern ein internationaler Gerichtshof, obwohl nur Mitgliedstaaten der EU zugelassen sind. Großbritannien ist nach seinem EU-Austritt auch nicht beim Einheitspatent dabei.
Die zentrale Kammer, wo die Nichtigkeitsklagen verhandelt werden, hat ihren Sitz laut Vertrag in Paris mit einer Nebenstellen in München – je nach technischem Gebiet. Für Verletzungsverfahren kann jedes Land freiwillig eine lokale Kammer einrichten. Mehrere Länder können sich auch zu einer regionalen Kammer zusammenschließen. In Wien haben wir für Sie eine lokale Kammer eingerichtet. Das hat den Vorteil, dass Prozesse in Deutsch und möglicherweise auch in Englisch abgewickelt werden können.
Nach dem Rückzug des vereinigten Königreiches entfällt die Kammer in London ersatzlos.
Nein. Gemäß vorherrschender Auslegung können nur EU-Staaten am System teilnehmen. (Großbritannien hat sich gegen eine Teilnahme entschieden.)
Nichtigkeitsklagen werden bei der zentralen Kammer (je nach technischem Gebiet in Paris und München; Stand 2021) eingebracht. Für Verletzungsverfahren sind die lokalen und regionalen Kammern zuständig. Der Kläger bzw. die Klägerin kann dort klagen, wo die Verletzung stattgefunden hat oder dort, wo der:die Beklagte seinen Sitz hat. Gibt es dort keine lokale oder regionale Kammer, geht man zur zentralen Kammer.
Wenn Sie sich für ein Einheitspatent entschieden haben, dann können Sie die einheitliche Gerichtsbarkeit nicht ablehnen. Wenn Sie hingegen ein klassisches europäisches Patent haben, dann können Sie während einer Übergangsfrist (von mind. 7 Jahren) das Patentgericht ablehnen. Diese Möglichkeit nennt man opt-out. In diesem Fall sind weiterhin die jeweiligen nationalen Gerichte für Klagen zuständig. Bei bereits anhängigen Klagen ist kein opt-out möglich.
Sobald die Erteilung des europäischen Patents im Europäischen Patentblatt bekannt gemacht wurde, haben Patentinhaber*innen einen Monat Zeit einen „Antrag auf einheitliche Wirkung“ beim Europäischen Patentamt zu stellen. ACHTUNG: diese Frist ist nicht verlängerbar!
Haben die Patentinhaber:innen ihren Sitz oder Wohnsitz in einem Vertragsstaat, können sie den Antrag selber stellen.
Haben die Patentinhaber:innen weder Sitz noch Wohnsitz in einem Vertragsstaat, muss ein Anwalt konsultiert werden.
Wir helfen Ihnen gerne, diese neue Möglichkeit kennenzulernen und passend anzuwenden . Es gilt nach wie vor: eine gute Basis für jede internationale Anmeldung ist eine Recherche. Eine nationale Patent- oder Gebrauchsmuster-Anmeldung beim Österreichischen Patentamt beinhaltet immer auch eine Recherche. Diese können Sie aber auch gesondert bei uns bestellen - sie kostet online € 238,-. Mit einer nationalen Patent- oder Gebrauchsmuster-Anmeldung sichern Sie sich zugleich den Prioritätstag. Danach können Sie immer noch entscheiden, wie Sie weiter vorgehen möchten. Außerdem beraten wir Sie und diskutieren mit Ihnen mögliche Strategien. Wo sind meine Schlüsselmärkte hinsichtlich Patentschutz? Wo mache ich meine Erstanmeldung? Für die Beantwortung dieser Fragen bieten wir eine Reihe von Dienstleistungen und Fördermöglichkeiten an, wie discover.IP, PRIO - die provisorische Patentanmeldung, oder den Patent Scheck.
Einheitspatent, EU-Patent, EU-Einheitspatent, einheitliches Patent oder europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung, engl.: UP = Unitary Patent
Einheitliches Patentgericht (EPG), engl.: Unified Patent Court (UPC)
Leitfaden des Europäischen Patentamtes zum europäischen Patent
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