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Klassifizierung virtueller Waren und Dienstleistungen

Interaktive digitale Welten – sogenannte Metaversen – ermöglichen es uns, in virtuelle Räume einzutauchen, dort zu arbeiten, unsere Freizeit zu verbringen und, oft mit Hilfe von Kryptowährungen, der Blockchain und von non fungible tokens (NFTs), kommerziell tätig zu werden. Dies eröffnet neue Chancen, aber in vielen Bereichen auch Unsicherheiten und Herausforderungen, für die es bislang keine oder erst in Ansätzen entwickelte Regelungen gibt.

Markeninhaber, die sich fragen, ob ihre Logos, Slogans oder Wortzeichen erwartbar auch in diesen virtuellen Welten von Trittbrettfahrern nachgeahmt werden könnten oder die selbst ihre Marken auf diesen neuen Play- und Wirtschaftsgrounds nutzen wollen, müssen feststellen, dass es zur Zeit – weltweit - ungeklärt ist, ob der bisherige Schutz ihrer Rechte auch gegen Rechtsverletzungen in digitalen Umgebungen gewährleistet ist oder ob sich hier nicht Schutzlücken eröffnen.

Bei der (Neu-)Anmeldung einer Marke zur Kennzeichnung virtueller Waren und Dienstleistungen muss man sich bewusst sein, dass es sich bei virtuellen Waren nicht um real existierende Produkte handelt, sondern simpel um Programmcodes, also Software. Hingegen können manche Dienstleistungen auch in virtuellen Umgebungen effektiv und ihrem üblichen Zweck entsprechend erbracht werden (zB Trainings-, Beratungsdienstleistungen etc.), bei anderen sind im virtuellen Raum jedoch lediglich Simulationen dieser Dienstleistung vorstellbar. Diese Überlegungen haben Einfluss auf die korrekte Klassifikation dieser Produkte und Serviceleistungen entsprechend den Prinzipien der Nizzaer Klassifikation.

Nachdem die bekannten Datenbanken oder Verzeichnisse bis dato jedoch noch kaum gesicherte Klassifikationsbeispiele für virtuelle Waren oder Dienstleistungen umfassen, werden im Folgenden die bislang auf Ebene der WIPO, des EUIPO sowie diverser einschlägiger Gremien unter Beteiligung der nationalen Markenämter erarbeiteten Überlegungen zur richtigen Klassifizierung zusammengefasst. Diese werden bis auf weiteres auch vom Österreichischen Patentamt seiner Prüftätigkeit zugrunde gelegt:

Virtuelle Waren

Virtuelle Waren sind ausschließlich in die Klasse 9 und nicht in die jeweiligen Warenklassen, in die die "reale" Waren zu klassifizieren wären, einzuordnen, da es sich bei den virtuellen Waren um rein digitale Inhalte handelt. Sie sind dabei ausreichend zu spezifizieren d.h. die Art der Ware muss angeführt werden. 

Beipsiele: 

NICHT ZULÄSSIGZULÄSSIG
Kl. 9: herunterladbare virtuelle Waren/GüterKl. 9: herunterladbare virtuelle Bekleidungsstücke /virtuelles Make-up / virtuelle Speisen und Getränke
Kl. 25: herunterladbare virtuelle Bekleidungsstücke

Kl. 9: herunterladbare virtuelle Bekleidungsstücke

Virtuelle Dienstleistungen

Wenn die digitale Umgebung, in der die Dienstleistung erbracht wird oder die Art des Gegenstandes, auf den sich die Dienstleistung bezieht, nichts am Zweck oder dem im digitalen Raum erzielten Ergebnis der Dienstleistung ändert, ändert sich auch nichts an der üblichen Klassifikation. "Finanzielle Beratung" ist in Klasse 36 einzureihen, egal, ob diese Dienstleistung in der realen Welt oder in einer digitalen Umgebung erbracht wird. 

Beispiele:

NICHT ZULÄSSIGZULÄSSIG
Kl. 35: Online Einzelhandelsdienstleistungen mit virtuellen WarenKl. 35: Online Einzelhandesdienstleistungen für folgende virtuelle Waren: ...
 Kl. 35: Marketing für Dritte durch product placement in virtuellen Umgebungen
 Kl. 35: Werbung für NFT-Technologien
 Kl. 35: Einzelnhandesdienstleistungen mit herunterladbaren digitalen Bildern, authentifiziert durch non-fungible Token (NFTs)
 Kl. 36: finanzielle Beratungsdienste, die in einer virtuellen Umgebung erbracht werden
 Kl. 36: Online Bankdienstleistungen, die in virtuellen Umgebungen erbracht werden
 Kl. 38: Bereitstellung von Chatrooms in virtuellen Umgebungen
 Kl. 41: Ausbildung, die in einer virtuellen Umgebung  erbracht wird
 Kl. 41: Ausbildung in Bezug auf NFT-Technologien

 

Anderes gilt hingegen, wenn die Dienstleistung in der digitalen Umgebung nur simuliert werden kann, ohne tatsächlich entsprechend stattzufinden, dann ist die Dienstleistung nach dem mit dieser Simulation verfolgten Zweck zu klassifizieren, der für eine angemessene Klassifizierung geklärt werden muss.

Beispiele: 

"Transportdienstleistungen" der Kl. 39 beinhalten in der Realität den Transport von Gütern oder Personen von einem physischen Ort zu einem anderen. In einer virtuellen Umgebung findet hingegen kein entsprechender Transport statt, er wird bloß angedeutet.
Transportdienstleistungen in der virtuellen Welt werden demnach zu einem anderen Zweck, mit einem anderen Ergebnis angeboten (zB zu Spielezwecken) -> Kl. 41

"Dienstleistungen eines Friseursalons" Kl. 44 - bei Erbringung im virtuellen Rau, steht nicht die Schönheitspflege als solche im Vordergrund sondern die Unterhaltung -> Kl. 41

"Verpflegung und Beherbung von Gästen" Kl. 41 - eine tatsächliche Nahrungsaufnahme bzw. Befriedigung des Wohnbedürfnisses steht in virtuellen Umgebungen nicht im Fokus; die Simulation dieser Dienste dient vorrangig Unterhaltungsgründen (Kl. 41). Allerdings ist es denkbar, dass virtuelle Restaurants auch die Verpflegung von Gästen in der realen Welt anbieten, dann bleibt der Bezug zu Kl. 43 bestehen. 

Beispiele:

NICHT ZULÄSSIGZULÄSSIG
Kl. 39: virtuelle TransportdienstleistungenKl. 41: (simulierte) Transportdienstleistungen / Reisedienstleistungen, erbracht in virtuellen Umgebungen für Unterhaltungszwecke
 Kl. 42: (simulierte) Transportdienstleistungen / Reisedienstleistungen, erbracht in virtuellen Umgebungen für wissenschaftliche Zwecke
Kl. 44: Dienstleistungen eines Friseursalons in virtueller UmgebungKl. 41: Dienstleistungen eines Frisuersalons in virtueller Umgebung zu Unterhaltungszwecken
Kl. 43: Verpflegung von Gästen in virtuellen RestaurantsKl. 41: Verpflegung von Gästen in virtuellen Restaurants zu Unterhaltungszwecken
 Kl. 41: Verpflegung von Gästen mit virtuellen Speisen und Getränken zu Unterhaltungszwecken
 Kl. 43: Betrieb eines Restaurants in virtueller Umgebung, jedoch mit Auslieferung realer Speisen und Getränke
 Kl. 41: Unterhaltungsdienstleistungen in virtuellen Umgebungen
 Kl. 42: Hosting virtueller Umgebungen

 

Waren und Dienstleistungen mit Bezug zu NFTs

(= non fungible tokens)

NFTs sind selbst keine eigenständigen Waren, sondern identifizieren digitale oder auch real existierende Gegenstände in einzigartiger, unveränderbarer Weise mittels Registrierung in einer Blockchain. Zu Klassifizierungszwecken muss daher stets die konkrete Ware, die durch einen NFT zertifiziert werden soll, genannt werden; die Angabe „NFTs“/“non fungible tokens“ in Alleinstellung ist ungenügend. Ein Hinweis auf eine Authentifizierung mittels NFTs ist auch ungeeignet zur Präzisierung unklarer Dienstleistungsangaben (zB Einzelhandelsdienstleistungen).

Werden NFTs zur Authentifizierung real existierender Vermögenswerte/Produkte verwendet, so verändert ein entsprechender Zusatz nicht die sonst für reale Waren dieser Art übliche Klassifizierung à zB Kl.18: Handtaschen, authentifiziert durch NFTs.

Dienstleistungen mit NFT-Bezug werden entsprechend dem Zweck und dem Ergebnis der Dienstleistung klassifiziert, unabhängig davon, auf welche Waren/Vermögenswerte sich die NFTs allfällig beziehen.

Betreffen Dienstleistungen NFTs in allgemeiner Weise, dh. unabhängig von der Art der Ware/des Vermögenswertes, der abgesichert werden soll, so kann die Angabe „NFT“ auch in Alleinstellung akzeptiert werden à zB Kl.41: Ausbildung in Bezug auf NFT-Technologien.

Beispiele:

NICHT ZULÄSSIGZULÄSSIG
Kl. 9: NFTs / virtuelle Waren, authentifiziert durch NFTsKl. 9: Digitale Kunst / herunterladbare Grafiken / digitale Audiodateien, authentifizert durch Non-Fungible Tokens (NFTs)
 Kl. 9: herunterladbare virtuelle/-s ... (Angabe der Art der Waren), authentifiziert durch Non-Fungible Tokens (NFTs)
 Kl. 18: Handtaschen, authentifiziert durch NFTs
 Kl. 25: Bekleidungsstücke, authentifiziert durch NFTs
 Kl. 33: alkoholische Getränke, ausgenommen Biere, authentifiziert durch Non-Fungible Tokens (NFTs)
Kl. 35: Einzelhandelsdienstleistungen mit Waren, die durch NFTs authentifiziert sindKl. 35: Einzelhandelsdienstleistungen im Zusammenhang mit dem Verkauf von ...(zB virtueller Kleidung, digitaler Kunst, Audiodateien odgl.), authentifiziert durch NFTs
 Kl. 35: Bereitstellung von Online-Marktplätzen für Käufer und Verkäufer von Waren und Dienstleistungen, die durch NFTs authentifiziert werden
 Kl. 35: Bewerbung von NFT-Technologien
 Kl. 41: Ausbildung in Bezug auf NFT-Technologien
 Kl. 42: technologische Dienstleistungen in Bezug auf NFTs (NFT-Technologien)
 Kl. 42: Minting (Prägung) von NFTs
 Kl. 42: Bereitstellung von nicht herunterladbarer Online-Computersoftware zum Prägen von NFTs

 

 

 

 

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